Roboter in der Kardiologie
Ein ganz besonderer Assistent: Roboter im Herzkatheter-Labor
Roboter in der Kardiologie: Das St.-Johannes-Hospital ist das zweite Krankenhaus in Deutschland und eines der ersten in Europa, wo unter Assistenz dieser hochmodernen Technik Gefäßstützen in verengte Herzkranzgefäße eingesetzt werden. Die großen Pluspunkte: höhere Präzision, kürzere Eingriffe sowie mehr Strahlenschutz. Prof. Dr. Hege Möllmann, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin I, hat gemeinsam mit seinem Team seit Dezember bereits 20 Patienten erfolgreich mit Hilfe des Roboter-Systems CorPath GRX1 von Corindus behandelt.
Mehr als 10.000 Herzkatheter-Eingriffe werden pro Jahr im JoHo durchgeführt. Die Kardiologie ist damit ein Schwerpunktzentrum. Mit Unterstützung der neuen Roboter-Technik samt integrierter Bildgebung können die Mediziner nun noch exakter Katheter, Führungsdrähte sowie Implantate bewegen, um die koronare Herzkrankheit gezielt zu therapieren. Sie ist in den westlichen Industrie-Nationen die häufigste Todesursache. Fett- und Kalkablagerungen in den Gefäßen sorgen für eine mangelhafte Durchblutung und damit eine unzureichende Sauerstoffversorgung des Herzmuskels. Infarkt, Rhythmus-Störungen, Herzschwäche und plötzlicher Herzstillstand sind die Folgen.
Den minimal-invasiven Eingriff, um Gefäße wieder zu öffnen, bezeichnen Mediziner als Perkutane Koronarintervention, kurz PCI: Ein feiner, flexibler Schlauch (Katheter) mit einem aufblasbaren Ballon an der Spitze wird meist über einen Einstich im Handgelenk unter Röntgenkontrolle durch die Schlagader in Richtung Herz geschoben. Wenn die verengte bzw. verschlossene Stelle erreicht ist, kann sie durch Aufblasen des Ballons wieder aufgedehnt werden. In bestimmten Fällen hilft nur ein Stent, um den Gefäßinnenraum dauerhaft zu sichern – ein kleines Metallgitter, das vor Ort im Körper entfaltet wird. Dieses Verfahren gilt als Goldstandard in der Therapie des akuten und chronischen Koronarsyndroms. Die Nutzung künstlicher Intelligenz eröffnet dabei nun ganz neue Perspektiven. Dass das St.-Johannes-Hospital hier in Zusammenarbeit mit dem Unternehmen Siemens Healthineers bundesweit Maßstäbe setzt, machen Prof. Dr. Möllmann und Oberarzt PD Dr. Christian Tesche stolz: „Wir freuen uns natürlich sehr, diese innovative Technik als eine der ersten Kliniken überhaupt anzubieten.“ Für die Patienten bedeutet der Roboter-Einsatz vor allem mehr Sicherheit und bessere Langzeitergebnisse. Denn: „Gerade bei diesen Eingriffen ist die Genauigkeit elementar wichtig. Wir können nun mehr als exakt mit kleinen Bewegungen optimal passende Stents nach vorne oder zurück bewegen. Das ist manuell nicht in dieser Weise möglich“, erklärt Prof. Dr. Möllmann. Die Tatsache, dass die Roboter für koronare Eingriffe so weit entwickelt sind, dass sie standardmäßig zum Einsatz kommen, bezeichnet er als „Revolution“.
Um den Katheter zu führen und einen Stent zu setzen, werden Roboter und Röntgen-System kombiniert. Es gewährt den Ärzten während des gesamten Eingriffs einen präzisen Blick auf die Gefäßstrukturen ihres Patienten. Der Arzt steht dabei nicht wie sonst üblich direkt am Röntgen-Tisch, sondern er kann die Prozedur über ein separates Kontrollmodul mit Joysticks steuern und ist damit geringerer Strahlung ausgesetzt. „Der Roboter ersetzt nicht den Mediziner, sondern ist ein nützliches Hilfsmittel für Bereiche, wo es mit großer Exaktheit zu arbeiten gilt. Komplikationen werden vermieden und Prozesse optimiert,“ kommentiert Chefarzt Prof. Dr. Helge Möllmann.
Gründe für eine Katheter-Untersuchung
Bei der Herzkatheter-Untersuchung handelt es sich um ein Verfahren, bei dem in der Regel Diagnostik und Therapie in einem Eingriff erfolgen. Während der gesamten Untersuchung bleibt der Patient bei Bewusstsein und kann die Abläufe an den Monitoren direkt mitverfolgen. Es ist lediglich eine örtliche Betäubung notwendig. Bei dem Eingriff können auch Gefäßverengungen aufgespürt werden, die noch asymptomatisch sind. Die Kardiologen entscheiden während der Untersuchung über die notwendigen therapeutischen Maßnahmen wie das Einsetzen eines oder mehrerer Stents. Bei einem akuten Herzinfarkt kann die Katheter-Untersuchung als Notfallmaßnahme lebensrettend sein. Schon wenige Stunden später können die Patienten wieder aufstehen und essen sowie nach einigen Tagen leichte körperliche Tätigkeiten ausführen. Um das Risiko einer erneuten Gefäßverengung zu minimieren, ist eine medikamentöse Nachbehandlung notwendig. Der Patient sollte zudem selbst dazu beitragen, Risikofaktoren wie Übergewicht, Rauchen und Bewegungsmangel zu minimieren. Prof. Möllmann mahnt: „Dass die koronare Herzkrankheit fortbesteht, verdrängen viele Betroffene, die sich aufgrund der erfolgreichen Stent-Behandlung in Sicherheit wiegen.“