Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin
Schmerzmedizin
Über zwölf Millionen Menschen in Deutschland leiden unter chronischen Schmerzen. Sie haben in der Regel eine lange Leidensgeschichte hinter sich und werden viel zu oft nicht optimal versorgt. Schmerz ist eine komplexe subjektive Sinneswahrnehmung und in der Intensität von unangenehm bis unerträglich reichen kann. Um den Betroffenen zu helfen, bietet die Abteilung für Schmerzmedizin eine ambulante Schmerztherapie nach Qualitätssicherungsvereinbarung zur schmerztherapeutischen Versorgung chronisch schmerzerkrankter Patienten an. In Zusammenarbeit mit der Abteilung für Physiotherapie und der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie ist die interdisziplinäre multimodale Schmerztherapie stationär etabliert.
Die multimodale Schmerztherapie basiert auf dem bio-psycho-sozialen Krankheitsmodell. Das heißt: Schmerzauslöser können sowohl körperlicher, als auch sozialer und psychischer Natur sein. Darum sind sowohl die Diagnostik als auch die Therapie interdisziplinär ausgerichtet.
In unserer Abteilung für Schmerzmedizin behandeln wir seit August 2006 Patienten stationär, bei denen mindestens drei der nachfolgenden Voraussetzungen erfüllt sein müssen:
- eine bereits bestehende oder drohende Beeinträchtigung der Lebensqualität und/oder der Arbeitsfähigkeit
- Misserfolg einer vorherigen Schmerztherapie, eines schmerzbedingten operativen Eingriffs oder einer Entzugsbehandlung
- bestehende Medikamentenabhängigkeit oder bestehender Medikamentenfehlgebrauch
- psychische Begleiterkrankung
- gravierende somatische Begleiterkrankung
Die Behandlung von Schmerzpatienten umfassen medizinische Therapieverfahren, psychiatrische und psychotherapeutische Diagnostik und Behandlung sowie aktivierende physiotherapeutische Behandlungen. Den Behandlungsverlauf überprüfen und dokumentieren unsere Ärzte und Therapeuten durch tägliche Visiten und eine interdisziplinäre wöchentliche Teambesprechung.
Das Ziel unserer stationären multimodalen Schmerztherapie ist es, die ausgeprägten Schmerzen zu lindern und zu stabilisieren, das Aktivitätsniveau zu erhöhen, die Funktionalität zu verbessern, die Schonhaltung zu beseitigen, Angst und Depressivität zu lindern, die Patienten umfassend zu informieren und in der Bewältigung der chronischen Schmerzen zu unterstützen.
Welche Schmerzformen behandeln wir?
- Rücken- und Halswirbelsäulenschmerzen
- Kopf- und Gesichtsschmerzen
- Gelenk- und Muskelschmerzen
- CRPS („Morbus Sudeck“)
- Fibromyalgie
- Postzosterische Neuralgie
- Nervenschmerzen
- Zentraler Schmerz
- Phantomschmerz
- Schmerzen bei Tumorerkrankungen
Medizinische Behandlungsformen
- Differenzierte medikamentöse Therapie: Behandlung der Beschwerden mit Medikamenten#
- Diagnostische und therapeutische Infiltrationen und Blockaden an der Wirbelsäule und am Becken, wie zervikale (am Hals), thorakale (am Brustkorb) und lumbale (an den Lendenwirbeln) Periduralanästhesie (PDA), mit oder ohne Kathetertechnik
- Differenzierte patientenkontrollierte Schmerztherapie mittels intravenöser Schmerzpumpe (PCA)
- Facettenblockaden: Schmerzbehandlung der Zwischenwirbelgelenke
- Nervenwurzelblockaden: Behandlung von Nervenwurzeln an der Stelle, an der sie aus dem Wirbelkanal austreten
- Ganglionäre lokale Opioidanalgesie (GLOA): Unterbrechung der Schmerzen an den Nervenzellkörpern
- Ganglion Stellatumblockade: Blockade des Nervengeflechts im Halsbereich
- Lumbale Grenzstrang-Sympathikolyse: Blockade des lumbalen Grenzstrangs, der zum Nervensystem gehört und an den Wirbelkörpern sitzt.
- Periphere Nervenblockaden mit oder ohne Kathetertechnik
- Gelenkinfiltrationen: Einspritzen von Betäubungsmitteln in ein Gelenk
- Radiofrequenzbehandlung (Blockade von schmerzleitenden Nerven mit Hitze) mit Schwerpunkt der modernen gepulsten Radiofrequenztherapie (PRF) mit ihrer vielfältigen Einsatzmöglichkeit, z. B. bei Trigeminusneuralgie (Gesichtsschmerzen), Nervenwurzelbehandlungen, Behandlungen der Facettengelenke (Zwischenwirbelgelenke an der Wirbelsäule), Grenzstrang-Sympathikolyse sowie bei peripheren Neuralgien (Nervenschmerzen)
- Transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS): Anwendung unter anderem bei Kopfschmerzen, Tumorschmerzen, Nervenschmerzen, Morbus Sudeck, Phantomschmerzen nach Amputationen oder nach Operationen. Eine Sitzung dauert 30 Minuten, wobei 3 Behandlungen täglich empfohlen werden.
- Akupunktur: Therapieverfahren der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM), bei dem der Energiefluss des Körpers durch gezieltes Setzen von Nadeln beeinflusst wird
- Externe Trigeminus-Neurostimulation bei Migräne- und Spannungskopfschmerzen
Psychologische und psychiatrische Diagnostik und Therapie, spezielle physiotherapeutische Behandlungen
Jeder Patient, der in unserer Abteilung für Schmerzmedizin stationär behandelt wird, nimmt an mindestens sechs der folgenden Therapieangebote teil:
- Psychotherapeutische Einzelbehandlung sowie Gruppentherapie
- Psychiatrische Diagnostik und Behandlung
- Spezielle Physiotherapie
- Entspannungsverfahren
- Ergotherapie
- Medizinische Trainingstherapie
- Sensomotorisches Training
- Arbeitsplatztraining
- Künstlerische Therapie (Kunst- oder Musiktherapie) oder sonstige übende Therapien
Patienten, die wegen chronischen Schmerzen in unserer Schmerzambulanz behandelt werden möchten, melden sich anfangs im Sekretariat der Abteilung für Schmerzmedizin unter der Telefonnummer (0231) 1843-35830 an. Nach der direkten Terminvereinbarung erhalten die Patienten einen standardisierten Schmerzfragebogen per Post nach Hause, der vor dem Termin wieder zurückgeschickt werden muss. Dadurch kann sich der behandelnde Schmerzmediziner schon vorab ein Bild vom Schmerzverlauf machen.
Nach der ambulanten Schmerztherapie in unserem Hause erhält der überweisende Arzt einen Behandlungsbericht und die Empfehlung für weitere Behandlungen.
Wir bieten folgende Behandlungen im Rahmen der ambulanten Schmerztherapie an:
- differenzierte medikamentöse Therapie: Behandlung der Beschwerden mit Medikamenten
- therapeutische Lokalanästhesie: Örtliche Betäubungsmittel werden in die schmerzhafte Region gespritzt.
- Diagnostische Lokalanästhesie: Örtliche Betäubungsmittel werden in die schmerzhaften Gelenke gespritzt
- Psychosomatische Grundversorgung: Einbezug/Abklärung der psychischen Faktoren
- Stimulationstechniken (zum Beispiel TENS): Bekämpfen der Schmerzen mit Strom
- Manuelle Untersuchungs- und Behandlungsverfahren: Beschwerden am Bewegungsapparat, die „mit den Händen“ erkannt und gelindert werden
- Therapeutische Nervenleitungs- und Nervenplexusanästhesien sowie rückenmarksnahe Nervenblockaden: Betäubungsverfahren, die die Weiterleitung von Schmerzen verhindern sollen
- Sympathikusblockaden: Der Sympathikus gehört zum vegetativen Nervensystem. Eine Blockade kann die Schmerzen lindern
- minimalinvasive Interventionen (Radiofrequenzbehandlung zur Neuromodulation, bei der Nerven nicht verödet werden)
- Externe Trigeminus-Neurostimulation bei Migräne- und Spannungskopfschmerzen
Schmerzen nach operativen Eingriffen, Verletzungen oder neu aufgetretenen Erkrankungen bezeichnet man als Akutschmerz. Der Schmerz stellt hier eine physiologische Warnfunktion im Rahmen der Erkrankung oder Verletzung dar.
Schmerz ist keine notwendige Begleiterscheinung von medizinischen Maßnahmen, die medizinischen Möglichkeiten einer adäquaten Schmerztherapie sind prinzipiell vorhanden.
Durch die moderne medikamentöse Schmerztherapie oder Verfahren der Regionalanästhesie (lokal begrenzte Betäubung) mit und ohne Verwendung eines Katheters kann nach Operationen eine ausreichende Schmerzlinderung bei erhaltener Lebensqualität erreicht werden.
Nach großen Operationen kümmert sich täglich unser Akut-Schmerz-Dienst der Klinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin, d.h. ein Arzt oder eine Ärztin und eine speziell ausgebildete Fachpflegekraft um Patienten, die mit
• kontinuierlichen Regionalanästhesieverfahren (Betäubung des Schmerzgebiets) mit Katheter
• selbst bedienbaren Schmerzpumpen (PCA= Patienten kontrollierte Analgesie) versorgt worden sind.
Bei den regelmäßig angewendeten Regionalanästhesieverfahren kommen folgende Verfahren zum Einsatz:
- oberflächliche (periphere) und
- rückenmarksnahe (zentrale) Regionalanästhesieverfahren
Bei den oberflächlichen Regionalanästhesieverfahren können einzelne oberflächlich zugängliche Nerven oder Nervengeflechte betäubt und damit das Operationsgebiet schmerzunempfindlich gemacht werden. Zur Verlängerung der Betäubung und Schmerzausschaltung kann ein dünner Katheter in Nervennähe platziert werden.
Bei größeren abdominal- sowie thoraxchirurgischen Eingriffen sowie vor einer Beinamputation kommen in der Regel rückenmarksnahe Regionalanästhesie-Verfahren mit Katheter (Periduralanästhesie) zum Einsatz. Dabei wird ein dünner Katheter in den Wirbelkanal eingeführt, der dann in einem Spalt zwischen Wirbelkanalwand und der Hülle liegt, die das Rückenmark, Nervenausläufer und Nervenwasser (Liquor) umschließt. So wird der Schmerz an zentralen Nervenstrukturen direkt beeinflusst und gemindert.
Bei den vom Patienten selbst zu bedienenden Schmerzmittelpumpen (PCA- Pumpen) handelt es sich um fest programmierte elektronische Pumpen mit Schmerzmittelreservoir, bei denen der Patient per Handschalter ein Schmerzmittelbolus abfordern kann, der dann über einen venösen Zugang direkt ins Blut abgegeben wird.
Die postoperativen Schmerzen bei Patienten, die nicht unmittelbar durch unseren Akut-Schmerz-Dienst betreut werden, werden durch die bestehenden, speziell an den Bedürfnissen der einzelnen operativen Fachgebiete angepassten standardisierten Schmerztherapieschemata behandelt.
Die nichtmedikamentösen Schmerztherapieverfahren wie physiotherapeutische Behandlungen sowie psychologische Verfahren (Copingstrategien) sind ebenfalls in unserem postoperativen Schmerzmanagement integriert.
Täglich werden das Schmerzniveau in Ruhe und bei Belastung, Medikamentenverträglichkeit und Verbrauch sowie die Zufriedenheit der Patienten mit dem Schmerztherapieverfahren abgefragt und dokumentiert.
Eine weitere Aufgabe unseres Akut-Schmerz-Dienstes ist die geburtshilfliche Schmerztherapie mit rückenmarksnahen Kathetern (Periduralkatheter) sowie die Bearbeitung von schmerztherapeutischen Konsiliaranforderungen im Haus.
Lt. Arzt der Abteilung für Schmerzmedizin
Dr. Chaled Fahimi
Tel.: 1843-35835
Fachpfleger für Anästhesie und Intensivmedizin
Algesiologischer Fachassistent
Stephan Mund
Fachpfleger für Anästhesie und Intensivmedizin
Algesiologischer Fachassistent
Meinolf Priebeler
meinolf.priebeler@joho-dortmund.de